Bürgerbeteiligung: Wie sieht die Zukunft des Greutter-Aichelin-Geländes aus?
Doch nach der Jahrtausendwende war der Ofen buchstäblich aus. Die Firma Aichelin schloss den Standort Korntal und seitdem stehen die Hallen und Verwaltungsgebäude weitgehend leer. 3,4 ha Fläche in bester Lage liegt brach. Um über Zukunftsszenarien des Geländes zu informieren und zu sprechen, lud die Stadtverwaltung am Dienstag, 31. Mai, zu einer öffentlichen Bürgerbeteiligung ein. Schon das Interesse am Rundgang über das Gelände war enorm – zwischen den verlassenen Gebäuden, einer alten Telefonzelle und alten Wohnwägen kamen Anwohner, interessierte Bürger, Gemeinderäte und Mitarbeiter der Stadtverwaltung schon eifrig ins Gespräch. „So kann es nicht bleiben!“, befand eine Anwohnerin aus der Lembergstraße.
„Heute sollen Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, nicht nur zuhören, sondern auch mitreden“, betonte Bürgermeister Dr. Joachim Wolf bei seiner Begrüßung vor Ort. Nach dem Rundgang ging es in die Stadthalle und auch hier waren an die 80 Bürgerinnen und Bürger dabei. Es wurde schnell klar: Das Areal anzugehen ist kein kleines Projekt. Hier könnte ein ganzes Quartier entstehen – dementsprechend gut geplant werden müssen dann auch Infrastruktur, Verkehr und vieles mehr. „Die Entwicklung muss also in ein großes Konzept eingebettet werden – das Stadtentwicklungskonzept“, berichtete Bürgermeister Dr. Joachim Wolf. Das Stadtentwicklungskonzept hat die Zukunft der Gesamtstadt im Blick. Es geht um Fragen wie „Wie viele Kitas und Schulen brauchen wir?“ oder „Wie viele Flächen für welche Nutzung brauchen wir?“.
Um das Gelände voranzubringen haben Stadtverwaltung und Gemeinderat den Turbo eingelegt: Noch im laufenden Prozess des Stadtentwicklungskonzepts soll die Zukunft des Areals mit Priorität angegangen werden. Unterstützt wird die Stadt bei dem Prozess von Wüstenrot Haus- und Städtebau. Carsten Stimpel von Wüstenrot ist Projektleiter des Stadtentwicklungskonzepts und er moderierte die Bürgerbeteiligung in der Stadthalle. „Die Erfahrungen der Bürger sind wichtig, um einen Leitrahmen zu erstellen“, sagte er. Aktuell ist die Nutzung laut Baurecht Gewerbenutzung, führte Stimpel aus. „Würde das so bleiben, würde die Verkehrslast enorm zunehmen“. Eine weitere Hürde wäre die Brücke unter den Gleisen durch von der Zuffenhauser Straße her kommend. Diese müsste für den LKW-Verkehr nach neuen Standards ertüchtigt werden. Ein Millionenbetrag, den die Stadt schultern müsste.
Kommen nach den Industrieöfen Wohngebäude? Eine andere Option ist es, auf dem Gelände neuen Wohnraum zu schaffen. Diese Vision schwebt auch der Eigentümerin vor. Die Vermehrt GmbH aus Österreich hat das Gelände zum größten Teil erworben: „Unser Gedanke ist es hier Wohnen im Grünen zu schaffen“, berichtet Wilfried Viernstein von der Vermehrt GmbH. Der Investor, der sich selbst mehr als Entwickler sieht, möchte „weniger Flächenversiegelung, Parkanlagen und das Areal zur autofreien Zone machen.“ Die Planungen seien noch nicht in Stein gemeißelt, so Viernstein. Eine Art Marktplatz könnte man schaffen und zwar rund um ein historisches Bestandsgebäude, das aufgrund seiner ansprechenden Architektur erhaltenswert ist. „Rund um den Marktplatz wäre Gastronomie vorstellbar“, so Viernstein. Grün solle dabei nicht nur die Erscheinung des Geländes sein, sondern auch die Bauweise soll nachhaltig nach neuesten Standards sein. Potential für an die 500 Wohnungen und circa 1.000 neue Bürgerinnen und Bürger sieht der Investor auf dem Gelände. Wohnen könnten die neuen Mitbürger in 2- bis 6-, max. 7-geschossigen Gebäuden in Wohnungen unterschiedlicher Größen. Aufgrund der Bahngleise müssten die angrenzenden höheren Gebäude Lärmschutzbebauung entsprechen. Weitere Ideen, die im Raum stehen, sind eine Kita, altersgerechtes Wohnen, Platz für eine Apotheke und einen Arzt. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, so Viernstein. Nun geht es darum den Prozess weiter zu entwickeln und die Anregungen aus der Bürgerbeteiligung auszuwerten.
Was wünschen sich die Bürger und Anwohner? Sowohl in Wortbeiträgen als auch schriftlich an den Pinnwänden gaben die Bürger ihre Anregungen, Meinungen und Bedenken ab. Zentrale Themen für die Anwohnerinnen und Anwohner sind die langfristige Verkehrssituation und die Baustellenzufahrt. Eine Bürgerin wünschte sich, dass Kultur mitgedacht wird. Ein anderer Bürger würde sich über neue Co-Working-Räume freuen. Mehrfach kam der Wunsch nach Gastronomie und Platz für Erholung im Grünen auf.
Im nächsten Schritt wird nun ein Ergebnisbericht im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts erstellt. Die Bürgeranregungen sollen miteinbezogen werden. Dann müsste der Gemeinderat weitere Weichen stellen, um eine zukunftsfähige Weiterentwicklung mit Wohnbebauung möglich zu machen.
Textquelle: Stadt Korntal-Münchingen